Der Geist und unsere Glaubensmuster
Vielfach ist es so, dass wir unseren Verstand und damit das logische und rationale Denken als die höchste Form geistiger Aktivität betrachten. Dies hat aber nur den Grund, dass man sich über die Funktion des Verstandes nicht wirklich klar ist.
Wie funktioniert also der Verstand? Der Verstand hat die Aufgabe, Dinge zu erklären und in einen logischen Zusammenhang zu stellen. Hierzu trifft man zuerst eine Annahme und auf diese Annahme muss sich die Erklärung und die dazugehörige Logik stützen. Diese Annahme wird dann durch Logik durchdacht und wenn sie sich als schlüssig erweist, wird sie für uns zur Wahrheit und aus dieser Wahrheit entwickeln wir dann einen Glaubenssatz. Dies wäre der einfachste und geradlinige Weg. Vielfach ist es aber auch so, dass wir die Meinungen anderer übernehmen und sie zu unseren Glaubenssätzen machen. Vielfach ist es nützlich, denn wenn uns jetzt jemand einlädt, mit im nach Alaska zu fliegen, dann werden wir warme Kleidung mitnehmen. Weil wir erwarten, dass es in Alaska kalt ist. Wie kommen wir zu dieser Annahme? Wir haben bestimmt schon einiges über Alaska gelesen oder Berichte im Fernsehen geschaut, und die zeigen das nun mal auf. Hier haben wir nun den einfachsten Fall der Glaubenssatzbildung durch ständige sich wiederholende gleiche Informationen. Und sobald wir einen Glaubenssatz nicht weiter hinterfragen, wird er für uns zur Tatsache. Ganz viele Glaubenssätze, die wir nicht weiter hinterfragen, nehmen wir auch in der Kindheit auf, weil der bewertende und unterscheidende Verstand erst mit Beginn der Pubertät seine volle Leistungsfähigkeit hat, speziell bis zum sechsten Lebensjahr nehmen wir alle Informationen wie in Hypnose auf. Das macht insofern Sinn, als das wir uns als Menschen in einer recht komplexen Welt zurechtfinden müssen und nie genügend Grundwissen aufnehmen könnten, wenn wir bereits als Kleinkinder alles hinterfragen.
Aber wenn wir einmal unsere gesammelten Glaubenssätze hinterfragen, so sind nur ganz wenige aufgrund eigener Erfahrung entstanden, die meisten basieren auf den Erfahrungen anderer. Nehmen wir als Beispiel einmal die Schwerkraft. Ihre Auswirkungen kann jeder für sich selber erfahren, nur ist die Erklärung, die man irgendwann einmal im Physikunterricht gelernt haben, erst einmal nur die Meinung von anderen. Und alle daraus gefolgerten Erfahrungen wie beispielsweise die Gravitationsgesetze, die unter anderem die Bewegung der Planeten beschreibt, basieren auf dieser Meinung, die nicht der unseren entspricht, die wir aber vermutlich übernommen haben, weil sie uns schlüssig erscheint.
Was hat dies denn nun mit unseren Problemen zu tun? Ganz einfach, viele unserer Probleme leiten sich ab von Glaubenssätzen, die wir irgendwann einmal aufgenommen haben, die wir nicht weiter hinterfragen und die daher für uns zu einer Tatsache geworden sind.
Ein Beispiel gefällig? Nehmen wir einmal an, wir haben uns als Kind erkältet. Vorher waren wir im Regen draußen und haben nasse Socken bekommen. Unsere Mutter hat uns dann erklärt, dass wir uns erkältet haben, weil wir nasse Socken hatten. Dies haben wir dann ohne eigene Überlegung in unsere Sammlung der Glaubenssätze aufgenommen und so kann es sein, dass wir auch noch als Erwachsene jedes mal eine Erkältung bekommen, wenn wir nasse Socken bekommen. Und dies sogar im Hochsommer.
Dies einmal als Beispiel für einen tollen Glaubenssatz und wir haben unzählige davon. Teilweise sind sie gut für uns, teilweise nicht ganz so gut. Und was macht unser Verstand damit? Ab dem Zeitpunkt, an dem wir eine Annahme getroffen und als wahr empfunden haben, leitet der Verstand unzählige weitere Annahmen von dieser einen Annahme ab. Und so entstehen die tollsten Gedankengebäude, auch Paradigmen genannt, basierend auf etwas eigener Erfahrung, ganz viel übernommener Meinung und einer Unmenge an logischen Schlussfolgerungen.
Doch sollten wir uns mal fragen, ob wirklich alle unsere Wahrheiten einer Überprüfung standhalten.
Nehmen wir doch einfach einmal ein paar gängige „Tatsachen“, die allgemein anerkannt sind.
Die erste lautet: „Zucker ist ungesund“. Ein ganz toller Glaubenssatz, denn ohne Zucker arbeitet unser Gehirn nicht, das Gehirn kann nur Zucker verarbeiten. Statt dessen versucht man uns wer weiß wie viele Produkte aufzuschwatzen, die keinen Zucker enthalten, sondern Süßstoff, Aspartam, der ja im Verdacht steht, nicht gerade förderlich zu sein (Nein, ich baue hier keinen neuen Glaubenssatz auf).
Der zweite lautet: „Rauchen verursacht Lungenkrebs“. Wenn ich darüber nachdenke, dann fallen mir viele Fälle ein, bei denen Nichtraucher Lungenkrebs bekommen haben, und die waren auch keine Passivraucher. Und der Raucher der Nation, Altkanzler Helmut Schmidt, ist 97 Jahre alt geworden und ist nicht an Lungenkrebs gestorben. Und der war wirklich Kettenraucher. Kann es etwa sein, dass es doch andere Faktoren gibt, die entscheiden, ob jemand Lungenkrebs bekommt oder nicht?
Ein dritter Glaubenssatz, der sehr häufig ist, lautet: „Reich kann man nur werden auf Kosten anderer“. Und ich muss zugeben, in einigen Fällen trifft es zu, dass Menschen ihren Reichtum auf Kosten anderer angehäuft haben. Und dann gibt es aber auch ganz viele, die haben eine geniale Erfindung gemacht oder ein Erfolgsbuch geschrieben, die haben die Menschen bereichert und sind dadurch zu Wohlstand gekommen.
Wir sehen also, dass es sich durchweg einmal lohnt, seine Glaubenssätze zu hinterfragen.